
Schutzpatron der Geprellten
Inkassodienstleister bieten die Realisierung offener Beträge für Gläubiger (Mandanten) an, die sich anders nicht (mehr) zu helfen wissen. Jeder Beitreibung eines offenen Betrages geht eine rechtsgeschäftliche Historie voran: Verkäufer leistet, Kunde zahlt nicht, Verkäufer mahnt, Kunde ignoriert, Verkäufer wendet sich hilfesuchend an Inkassodienstleister. So oder so ähnlich verlaufen alle Fälle, in denen Inkassobüros hinzugezogen werden.
Inkassomandanten haben also allesamt eine Leistung erbracht, für die aber nicht bezahlt wurde. Insofern werden sie um ihr gutes Recht (§433 BGB), sprich die Entlohnung für ihre Leistung, gebracht. Durch den Zahlungsausfall entsteht also ein moralisches Ungleichgewicht. Um doch noch zu erhalten, was ihnen von Rechtswegen zusteht, wenden sich die Gläubiger an einen Inkassodienstleister. Dieser nutzt seinerseits verschiedene Maßnahmen, um die offene Forderung einzuziehen und an den geprellten Gläubiger durchzuleiten.
Der Schuldner, das Opfer
Moralische Ausgleichsinstanz
Der Inkassodienstleister tritt demnach also als Ausgleichsinstanz auf.
Schwarze Schafe im Fokus
Zentrale Werkzeuge seriöser Inkassodienstleister sind schriftliche Mahnungen, telefonische Nachfragen beim Schuldner und ggf. die Zusammenarbeit mit einer Rechtsanwaltskanzlei. Schlagen die vorgerichtlichen Maßnahmen nicht an, leiten Inkassobüros in Rücksprache mit ihren Mandanten das gerichtliche Mahnverfahren ein und stellen einen Mahnantrag. Die üblichen und einwandfreien Inkassomaßnahmen lassen darüber hinaus allen Schuldnern zu jedem Zeitpunkt die Gelegenheit, zu widersprechen. So ist gewährleistet, dass keine Übervorteilung stattfindet.All dies sind absolut legitime und unbedingt moralisch verantwortbare Mittel, um Schuldner zum Ausgleich ihrer Verbindlichkeiten zu bewegen. Auf der Kehrseite stehen dagegen unseriöse Vertreter der Inkassobranche, die beispielsweise unangemeldet beim Schuldner auftauchen, bewusst bedrohlich auftreten und das Negativbild des gewissenlosen Schuldeneintreibers für sich nutzen. Dergestalt Geschäftsmethoden sind jedoch nicht nur unseriös, sondern auch strafbar, weil sie einen eklatanten Eingriff in die Privatsphäre von Schuldnern darstellen. Sie können den Tatbestand der Nötigung erfüllen. Daher sind diese Praktiken selbstverständlich höchst unmoralisch. Sie führen unweigerlich zu der Frage:
Lässt sich das eine Unrecht durch ein zweites Unrecht ausgleichen?
Mediativ ans Ziel
Auge um Auge lässt die Welt erblinden(Gandhi)
Moralische Balance
Der moralische Sinn hinter allen Inkassotätigkeiten ist der Erhalt bzw. die Wiederherstellung von Balance. Wird ein säumiger Zahler durch das Wirken eines Inkassoanbieters dazu veranlasst, seine Schulden zu begleichen, ist das Verhältnis zwischen ihm und seinem Gläubiger wieder ausgeglichen. Die Zahlung von Schulden ist daher auch für Schuldner ein moralischer Befreiungsakt. Die Erfahrungen aus der Schuldnerkommunikation zeigen dies überdeutlich.Nach der Vollzahlung, der Vereinbarung und dem Einhalten eines Ratenzahlungsplans oder einer erfolgreichen Teilzahlungsverhandlung fühlen sich Schuldner in aller Regel befreit. Ihnen ist eine sprichwörtliche Last von den Schultern genommen. Allein die konstruktive Auseinandersetzung mit dem Problem führt zu einer erheblichen Erleichterung. Auch hierin liegt ein zentraler Wert der moralischen Inkassotätigkeit.
Je länger man vor der Tür zögert, desto fremder wird man.(Franz Kafka)
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