B2B-Inkasso in Europa – Kosten sind immer erstattungsfähig!

Meme_EUNoch in diesem Jahr steht europäischen Unternehmern eine weitreichende Gesetzesreform für den Umgang mit Zahlungsverzügen im B2B-Bereich ins Haus. Neben der Vereinheitlichung von Verzugsfristen schafft die Neugestaltung der deutschen Gesetze vor allem Klarheit, was die europaweite Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten angeht. Worauf sich deutsche Unternehmen einstellen müssen und was Anlass zum Aufatmen gibt, zeigen wir in diesem Blogbeitrag.

Gläubiger bekommen mehr

Entscheiden sich Gläubiger, mit einem Inkassodienstleister zusammenzuarbeiten, stehen ihm die dafür anfallenden Kosten als Verzugsschaden vom Schuldner zu. Diese Rechtspraxis ist innerhalb Deutschlands gang und gäbe, wird nun aber auch für alle europäischen Unionsmittglieder verbindlich. Gläubiger haben künftig in ganz Europa Anspruch auf angemessenen Ersatz aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners bedingten Beitreibungskosten, wie es in der entsprechenden EU-Richtlinie (2011/7/EU) heißt. Hier wird sogar explizit auf Inkassokosten hingewiesen: Zu diesen Kosten können auch Ausgaben zählen, die durch die Beauftragung […] eines Inkassounternehmens entstehen.

Eine weitere wichtige Neuerung betrifft die Einführung einer Verzugspauschale. So haben künftig alle Unternehmen, die mit einem Zahlungsverzug umzugehen haben, Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrages von mindestens 40 EUR. Dieser Betrag fällt bei Zahlungsverzug automatisch an und muss gegenüber dem säumigen Kunden nicht extra angemahnt werden. Das spart für Gläubiger-Unternehmen Kosten, weil kein Porto, keine Versandmaterialien und keine Arbeitszeit aufgewendet werden müssen. Und auch in puncto Verzugszins tut sich etwas. Bis dato gilt für B2B-Geschäfte ein Zinssatz von acht Prozent. Dieser wird nun um einen Punkt, auf neun Prozentpunkte, nach oben korrigiert.

Verbindliche Fristen

Die neue Richtlinie sorgt für verbindliche Fristen bei allen europäischen B2B-Geschäften. So gelten grundsätzlich immer 30 Tage als die magische Grenze für den Eintritt des Zahlungsverzugs und zwar abhängig von der Art der Leistung. Je nach Fall sind auschlaggebend:

  • der Zeitpunkt des Rechnungseingangs beim Schuldner
  • der Zeitpunkt des Waren- oder Dienstleistungsempfangs durch den Schuldner bei zeitlich unsicherem Rechnungszugang
  • der Zeitpunkt des Waren- oder Dienstleistungsempfangs durch den Schuldner, wenn die Rechnung vor der Erbringung einer Dienstleistung bzw. der Lieferung einer Ware stattgefunden hat
  • der Zeitpunkt, zu dem die Prüfung der Ware durch den Schuldner in angemessenem Rahmen erfolgt ist

Von dieser 30-Tage-Regelung gibt es eine einzige Ausnahme: Die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand. Für die Bezahlung von Leistungen gegenüber Kommunen, Ländern, dem Bund oder der EU selbst gelten höchstens 60 Tage bis zum Zahlungsverzug.

Umgang mit Titeln

Für die Titulierung von Forderungen setzt die EU eine Höchstdauer von 90 Tagen fest. Dieser Zeitraum gilt freilich nur für den Fall, dass die Absicherung von Forderungen über das gerichtliche Mahnverfahren reibungs- und widerspruchslos durchläuft. Für diesen Fall dürfen Gläubiger mit einem rechtlich abgesicherten zügigen Titulierungsfortschritt ihrer Forderungen rechnen. Wie sich diese in der Praxis gestalten wird, muss sich erst noch zeigen.

Hintergrund & Inkrafttreten

Aktuell ist die EU-Richtlinie zwar in Kraft, jedoch noch nicht in nationales Recht eingebunden und das, obwohl die Deadline bereits am 16. März 2013 endete. Der aktuelle Entwurf vom 05. Mai diesen Jahres wurde Ende Mai durch den Bundesrat zurückgegeben, weil zu prüfen sei, ob einzelne Branchen von der 30-Tage-Frist ausgenommen werden können. Er hatte die Richtlinie der Europäischen Union nicht Eins-zu-Eins übernommen sondern weiter verschärft. Der Bundesrat sah dadurch eine Verzerrung des Wettbewerbs, weil EU-Staaten ohne eine entsprechende Verschärfung einen Vorteil gegenüber deutschen Anbietern hätten.

Fazit

Bis nicht auch die letzten Unwegsamkeiten im Gesetzestext beseitigt sind, wird das Gesetz nicht verabschiedet. Erst dann können sich Gläubiger auf das neue EU-Recht für den Zahlungsverzug im B2B stützen und noch besser vom vereinigten EU-Binnenmarkt profitieren.

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